Am 17. Dezember 1944 erlebt Wouter Rozendaal, ein Überlebender des Konzentrationslagers in Ladelund, im Eisenbahnwaggon ein Adventsgebet der besonderen Art…
Die Weihnachtsgeschichte von ‘Paul auf den Bäumen’
… zum Beispiel habe ‘Paul auf den Bäumen’ also den vorletzten Heiligen Abend in einem leeren fahrenden Güterwagen verbracht, und, um die Nacht zu verteilen und den Schlaf zu vergessen, habe er in völliger Dunkelheit – so beschwört er – mit Kreide auf die 4 inneren Wände des Güterwagens alles, was in ihm gewesen, draufgeschrieben und gekritzelt – beschwört er – ,immer, ohne zu wissen, was er nun schreibe und ob es anderntags leserlich sei — bis alle Wände – er habe sie mit der Hand abgetastet – voll Kreide und Schrift gewesen. Dann wäre er eingeschlafen.
Und sei am Morgen erwacht – irgendwo in der Welt zwischen Brisbane und Stavanger – und er habe die Tür geöffnet, und Licht sei geworden und auf den Wänden – voll Lebenszeichen und Hilferufen, Wutausbrüchen und Sanftmut und Jahreszahlen – habe auf einmal gestanden – überall, hinter- und übereinander und unter- und durcheinander und überall, sogar an der Decke des Wagens und auf dem Boden – die er beide gar nicht beschrieben – habe auf einmal deutlich zu lesen gestanden:
Fürchtet euch nicht ! – und wäre nicht wegzuwischen gewesen.
(H. D. Hüsch)